1926, Siemens & Halske: Protos-Lautsprecher (Siemens 072)

Der bewährte Lautsprecher Siemens 072 (Protos)
„Die Güte der Sprach- und Musikwiedergabe wird ganz wesentlich von der Beschaffenheit des Lautsprechers bestimmt. Erst durch einen Lautsprecher, der der Leistung neuzeitlicher Rundfunkempfänger und Verstärker ganz angepaßt ist, werden die guten technischen Eigenschaften dieser Geräte restlos ausgenutzt.
Das tausendfach bewährte Vorbild hochwertiger Wiedergabegeräte ist der seit Jahren bekannte Lautsprecher »Siemens 072« (Protos). Er ist der Lautsprecher, an den wegen seiner anerkannt vorzüglichen technischen Eigenschaften außerordentlich hohe Anforderungen gestellt werden können. Seine besonderen Vorzüge sind: große Tonfülle, naturgetreue Wiedergabe, geringer Energieverbrauch. Der elektrische und mechanische Aufbau des Lautsprechers ist so vollendet und die Fabrikation so sorgfältig, daß der »Siemens 072« zu einer Standart-Ausführung geworden ist. Bei entsprechender Endleistung des Empfängers reicht die Lautstärke auch für größere Zimmer aus. […]“ [Werbeprospekt SH 3981]

Der Markenname »Protos«

Mit der Übernahme einer Automobilbaufirma mit dem Namen Protos aus Reinickendorf im Jahr 1908 begann man bei Siemens, neben Elektrowagen auch Automobile mit Benzinmotor zu bauen, die bis zur Einstellung der Produktion Mitte der 1920er Jahre unter der Bezeichnung „Protos-Wagen der Siemens-Schuckertwerke“ vermarktet wurden [Feldenkirchen (Hg.) 1997, 28f.]. Durch die hochwertigen Autos, die vor Auslieferung einer Qualitätskontrolle unterzogen und von „Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen“ ausschließlich gefahren wurden [ebd.], bekam die Marke »Protos« einen guten Klang, der bis in die 1930er Jahre hinein auch für elektrische Haushaltsgeräte der Siemens-Schuckertwerke, z. B. Staubsauger, werbewirksam genutzt wurde.

Auch die 1926 auf der Berliner Funkausstellung von Siemens & Halske vorgestellten trichterlosen Faltlautsprecher (auch Falten-, Falzlautsprecher, aufgrund der speziellen Form der Membran gemeinhin auch als Popofalte bezeichnet) sollten von der Qualität versprechenden Marke profitieren – und die sich bereits abzeichnende, durch Lautsprecher ermöglichte Tendenz des Rundfunks bzw. der Empfangsgeräte hin zum alltäglichen Kommunikationsmedium, zum „‚Hausfreund‘ für die Hausfrau“ [Schmidt in: Technikgeschichte 4 1998], sollte offenbar mit Hilfe der vor allem weibliche Konsumeten ansprechenden Haushaltsgeräte-Marke »Protos« angeschoben werden.

Protos-Lautsprecher 1926 bis 1929

In unterschiedlichen Ausführungen und Preislagen wurden Protos-Faltlautsprecher in den nachfolgenden Jahren zum Kauf angeboten, für den privaten Rundfunkempfang zunächst vor allem ausgestattet mit einem preiswerteren elektromagnetischen Antriebssystem. Als lautstärkere elektrodynamische Schallwandler hingegen empfahlen sie sich für die „Wiedergabe von Fernkonzerten mit großer Klangreinheit bei erheblicher Verstärkung in großen Sälen“ [„Lautsprecher“ in: Meyers Lexikon 7 1927], wurden im Tonfilmbereich benutzt [Böhm in: Kinotechnik 23 1926, 595] und 1929 in großer Anzahl im Reichstagsgebäude installiert.

Was verlangt man vom Lautsprecher?
„Genau wie man gegenwärtig an Rundfunk-Empfangsgeräte hohe Anforderungen bezüglich Reichweite und Selektivität stellen kann, so darf man auch vom Lautsprecher viel verlangen. Zur Beantwortung der Frage, worin diese Anforderungen bestehen, greift der Techniker gewöhnlich zu einigen Fachausdrücken, wie »Frequenzunabhängigkeit«, »wohlausgeglichene Frequenzkurve«, der Rundfunkfreund ohne technische Vorbildung drückt das Gleiche so aus: »Der Lautsprecher soll so klingen, als wenn ich den Redner oder die Musik unmittelbar höre«. Doch wie man auch sagt, eins steht fest: Sowohl tiefe als auch hohe Töne müssen vom Lautsprecher gleich gut wiedergegeben werden, denn die tiefen Töne bedingen die nötige Klangfülle, die hohen Töne die den verschiedenen Instrumenten und der einzelnen Stimme eigene Klangfärbung. Am anspruchvollsten ist in dieser Beziehung das Klavier, insbesondere in der Wiedergabe der tiefen Töne. Am Instrument hallen diese Töne lange nach und machen dadurch die Fülle des Vortrages aus, am Lautsprecher klingen sie vielfach abgerissen und gleichen mehr einem Geräusch. Die hohen Töne klingen zwar schnell ab, sie verlangen aber eine volle Wiedergabe der sogenannten Obertöne, wenn sie wirklich zur Geltung kommen sollen. Ein charakteristischer Vertreter der Lautsprecherbauarten, bei dem diese Gesichtspunkte berücksichtigt sind, ist der Protos-Lautsprecher von Siemens & Halske, bei dem eine aus einem gefalzten Pertinaxblatt bestehende Membran zur Tonwiedergabe dient. Dieser Lautsprecher wird in verschiedenen Ausführungen und Preislagen geliefert, zeichnet sich aber schon in der einfachsten Ausführung durch sein angenehmes Äußere aus. Daß er seine Leistungsfähigkeit nur an einem guten Empfangsgerät zeigen kann, ist selbstverständlich. Besonders ausprobiert ist er natürlich mit Siemens-Rundfunkgeräten, die es bekanntlich für jeden Geschmack und jeden Bedarf gibt.“ [anonym in: Dortmunder Zeitung, Nr. 572, 7.12.1929]