Archiv der Kategorie: Zitate

Zitatensammlung zur Technikgeschichte der Elektroakustik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Schwerpunkte: Lautsprecher, Großlautsprecher, Massenbeschallungen.

Pilzlautsprecher
Abb. aus „Lautsprecher“ in: [Brockhaus 3 1937]
Lautsprecher, Gerät zur hörbaren Wiedergabe von Rundfunk-, Tonfilm-, Schallplattendarbietungen und zur Übertragung von Reden bei Massenversammlungen. Die übliche Bauart ist der magnetische L. […] Beim dynamischen L. […] Der elektrostatische L. […] Der Pilzlautsprecher besteht aus zwei ineinandergesteckten, nach oben zu offenen Trichtern, die die Schallwellen nach allen Seiten hin gleichmäßig verteilen. Unten befindet sich das Antriebswerk mit der Membran. Verwendung: bei Massenkundgebungen.“ („Lautsprecher“ in: [Brockhaus 3 1937])

„Bis vor kurzem wurde allgemein angenommen, daß es unmöglich sei, B-Verstärker in der gleichen Klanggüte herzustellen wie A-Verstärker. Im Ausland, besonders in Amerika, hat man schon vor Jahren versucht, die Vorteile der B-Verstärkung für Niederfrequenzverstärker auszunutzen, jedoch ohne Erfolg. Alle gebauten Geräte waren klanglich schlecht, entweder der Klirrfaktor unzulässig groß (bis zu 20% konnten wir bei einzelnen Modellen messen) oder aber das Frequenzband ausnehmend schmal. […]
Um so größer war die Verwunderung, als wir mit unserem 20-Watt-B-Verstärker ein Gerät auf den Markt brachten, das alle Vorzüge der B-Schaltung aufweist, aber in der Klangqualität den A-Verstärkern vollkommen ebenbürtig ist.“ [Fo. in: Telefunken Nachrichten 1 1934]

Aus der Geschichte des Lautsprechers. Oberingenieur Karl Frischen (geb. am 20.7.1830, gest. am 7.5.1890), der langjährige technische Leiter der Siemens- und Halske-Werke, hat schon am 28.2.1889 der Öffentlichkeit einen Lautsprecher vorgeführt, über dessen Entstehungsgeschichte Georg Schmidt in der ‚Zeitschrift für Fernmeldetechnik‘ berichtet. Veranlassung gab die Absicht Frischens, anläßlich des 50jährigen Stiftungsfestes der Berliner Polytechnischen Gesellschaft einen Festvortrag zu halten mit dem Thema: ‚Die Elektrizität als Mädchen für alles‘. Der Vortrag fand im großen Saale der Philharmonie statt und Frischen zeigte sich nicht nur als hervorragender Fachmann, sondern auch als guter Redner und geschickter Regisseur. Ein Tisch, ein Klavier, eine Waschmaschine, eine Kinderwiege und ein Polstersessel waren seine Requisiten. Nach einigen einleitenden Worten legte Frischen eine Trompete auf den inmitten der Bühne stehenden Tisch und schon ertönte eine schmetternde Fanfare, der das Lied folgte: ‚Behüt dich Gott, es wär so schön gewesen‘. Speziell für diesen Zweck hatte Frischen das lautsprechende Telephon bauen lassen, das innerhalb der Tischzarge angebracht und durch unauffällig verlegte Drähte mit einem Nebenraum verbunden, die Töne wiedergab, die entfernt von der Bühne ein Mitglied des Philharmonischen Orchesters seiner Trompete entlockte. Die von Frischen damit beabsichtigte Wirkung auf die Festteilnehmer war ihm glänzend gelungen und er erntete lebhaften Beifall für seine Mühe. Also ist der Lautsprecher schon 35 Jahre alt. Bisher wurde er nur in Betrieben (Bahnhöfen, Maschinenhallen, Bergwerken) und auf Schiffen (besonders in Kesselräumen) verwendet.“ [K. in: Radio-Umschau 12 1924, 316]

Großlautsprecheranlagen
Wie in Amerika das ‚public address‘-System im letzten Jahre einen enormen technischen Aufschwung aufzuweisen hat, so wurde auch in Deutschland auf diesem Gebiet mehr gearbeitet als je. Die Firmen entwickelten sehr sparsame ‚B‘- und ‚C‘-Verstärker (Abb. 6) und beschäftigten sich eingehend mit dem Problem der Schallberieselung großer Freiflächen. Telefunken brachte für diese Zwecke die Pilz-Lautsprecher und neuen 150-Watt-Großstrahler heraus, Dr. Dietz & Ritter den ‚Maximus-Titan‘ (Abb. 7) und Siemens den Rundfunk-‚Glocken-Lautsprecher‘ (Abb. 8). Philips zeigte auf der Messe den ersten Lautsprecher für 10 Watt Sprechleistung mit einem Permanentmagnet (Abb. 9). Dr. Dietz & Ritter, Leipzig, entwickelten im letzten Monat ihren ‚Maximus P-O‘ mit 19,5 kg schwerem Ôrstit-Magnet [sic], dessen Tragkraft 141 kg beträgt! Gegenwärtig wird das Problem der Lautsprecherwiedergabe im Freien mit gerichteten Schallwerfern und Rundstrahlern für Thingstätten energisch weiter studiert, besonders vom Standpunkt der Sprachwiedergabe aus, mit den sogenannten ‚Silbenverständlichkeitsmessungen‘.“ [anonym in: Radiohändler 1 1935, 21]

„Die Lautsprecheranlage, die Telefunken für den Heldengedenktag am 17. März 1935 in Berlin errichtete, war für den Fachmann besonders interessant. Das mit Schall zu versorgende Gebiet umfaßte die Straße Unter den Linden, den Lustgarten und einen Teil der Wilhelmstraße. Die äußerste Ausdehnung betrug mehr als 1500 m.
Eingesetzt wurden 45 Telefunken-Pilze und 10 Lautsprecher mit Kurztrichtern, die in 4 Gruppen mit besonderen Betriebsstationen zusammengefaßt waren.“ (Fotounterschrift auf Titelseite, ohne Überschrift, ohne Autor in: [Telefunken Nachrichten 5 1935])

„Ob er sich wohl jemals Gedanken darüber gemacht hat, daß er, der große Redner vor den Massen, von solch unbedeutend wirkenden Helfern wie mir in höchstem Maße abhängig ist? Begreift er, daß die Akustiker einen entscheidenden Beitrag zu seinem Siegeszug geleistet haben? Daß ohne Mikrophone, ohne die riesigen Lautsprecher ihm niemals sein Erfolg beschieden worden wäre? Hat er nicht schon oft über die akustischen Zustände in der Frühzeit der Bewegung ausführlich geklagt? […] Bis man schließlich dazu überging, die Übertragung auf bis zu hundert Lautsprecher zu verteilen, welche das Publikum von allen Seiten in den Klammergriff nehmen. Ob er es für einen bloßen Zufall hält, daß sein Sieg zusammenfällt mit der entscheidenden Verbesserung der akustischen Verhältnisse bei Großveranstaltungen?“ [Beyer 1996, 147f.]

„Die Telefunken-Großlautsprecheranlagen
waren Helfer auf dem Siegeszug der nationalsozialistischen Idee. Denn die heutige Einheit unseres Volkes wurde zusammengeschweißt in Tausenden von Versammlungen und schließlich vollendet in den machtvollen Kundgebungen des letzten Jahres.

In Potsdam und Nürnberg, am Bückeberg und in Siemensstadt, auf dem Tempelhofer Feld und in Tannenberg, auf ungezählten großen und kleinen Veranstaltungen standen Telefunken-Großlautsprecher, und immer halfen sie mit, die Kundgebungen wuchtig und eindringlich, die Feiern würdig zu gestalten.“ [Telefunken 25 Ela 100]

„Im Kampfe um die politische Macht war die Elektroakustik eine außerordentlich wirkungsvolle Helferin. Ohne die Technik der Mikrofone, Verstärker und Lautsprecher wären die Riesenversammlungen und Aufmärsche nur schlecht möglich gewesen, denn erst die Lautsprecheranlage trägt bei Versammlungen von Tausenden und Hunderttausenden die Stimme des Redners an jeden Teilnehmer heran. Nach der Machtübernahme, als der nationalsozialistischen Staatsführung auch der Rundfunk zur Verfügung stand, erfuhr das Prinzip der Massenversammlung eine wesentliche Erweiterung durch den Gemeinschaftsempfang. Jeder deutsche Staatsbürger soll durch den Rundfunk an allen wichtigen politischen Ereignissen unmittelbar teilnehmen können. Deshalb werden in den Bauten der Partei, des Staates und der Wehrmacht, in großen und kleinen Betrieben, in Büro- und Verwaltungsgebäuden, auf Straßen und Plätzen Lautsprecheranlagen errichtet.“ [Telefunken 5 Ela 361]