1924, Gaumont: elektrodynamischer Großlautsprecher

Gaumont-Lautsprecher
Abb. 17 aus [Nesper 1929]
Der Lautsprecher Gaumont. – Bei den Anordnungen zur Aufnahme und Wiedergabe von Tönen der Musik wie der Sprache sind die letzteren von besonderer Bedeutung und bieten insbesondere dann ein schwieriges Problem, wenn die Wiedergabe in großen Sälen oder im Freien erfolgen soll. Es ist dann die Verwendung von Lautsprechern erforderlich, deren einwandfreie Lösung noch nicht als abgeschlossen angesehen werden kann. Der wohl z. Z. beste Lautsprecher auf dem deutschen Markt ist der Bandsprecher der Siemens & Halske A. G. Ein auf ähnlichen Prinzipien wie dieser angeordneter Lautsprecher ist in den Werken Gaumont in Frankreich herausgebracht und in Le Génie civil, Bd. 84, S. 526, beschrieben. Zur Aufnahme der pulsierenden Telephonströme sind Spulen auf einem Magneten angeordnet, vor dem sich ein mechanisches Organ, wie z. B. eine Membran, befindet, welche den Impulsen des Wechselflusses des Elektromagneten folgt, und deren Schwingungen auf die umgebende Luft übertragen werden. Doch treten hierbei verschiedene Fehler auf.

Die Membran wird infolge ihrer Masse und infolge der Art ihrer Einspannung nicht genau den Impulsen des magnetischen Feldes folgen, wobei diese Trägheit nicht für alle Frequenzen dieselbe ist und eine Verwischung der Töne eintritt, welche der Reinheit der Übertragung schadet. Ferner läßt die Masse und die Elastizität der Membrane Eigenschwingungen dieser zu, welche bei bestimmter Erregung des magnetischen Feldes zu Resonanzerscheinungen führen, so daß einzelne Töne kreischend oder dumpf vernommen werden. Diese Fehler machen sich um so unangenehmer bemerkbar, je größere Tonmengen zu übertragen sind.

Gaumont-Lautsprecher
Abb. 5 aus [Pge. in: ETZ 2 1925, 57f.]
Beim Lautsprecher Gaumont (Abb. 5) bilden das elektrische Organ und die Membran nur ein einziges, sehr elastisches und leicht deformierbares Element, dessen Masse nahezu vernachlässigbar ist, da es bei einer Oberfläche von 30 cm2 noch nicht 1 g wiegt. Es besteht aus einem sehr feinen Leitungsdraht, der in fortlaufenden Spiralen auf einen Konus aus Seide aufgewickelt ist, dessen Winkel in der Spitze 90° beträgt. Dieser Konus c wird in den entsprechend ausgehöhlten Eisenkern eines starken Elektromagneten a eingesetzt und die Kegeloberfläche selbst bildet die Membran. Diese überträgt auf die Luftmenge in der Eisenkernhöhlung ihre Schwingungen, die nach der Außenseite durch Luftlöcher e übertragen werden, die in dem Polstück zwischen dem Eisenkern und der akustischen Kammer, auf die sich der Trichter aufsetzt, vorgesehen sind.

Gaumont-Lautsprecher
Abb. 6 aus [Pge. in: ETZ 2 1925, 57f.]
Aus Abb. 6 ist die Einwirkung des magnetischen Feldes des Elektromagneten auf die Membran ersichtlich. Die Kraftlinien in der Eisenkernhöhlung des Elektromagneten durchsetzen senkrecht zur Kernfläche die Oberfläche des schwingenden Konus. OH stellt die Richtung einer dieser magnetischen Kraftlinien dar, die senkrecht zur Erzeugenden des Konus steht. Die Linie der elektrischen Spannung OJ, d. h. die Richtung des Stromes, der durch die Windung fließt, ist Tangente an der Wicklungswindung, die parallel zum Grundkreis des Konus liegt. Beim Fließen eines Stromes durch die Windung wird aber nach der bekannten Dreifingerregel auf der Konusoberfläche im Punkte O eine Gegenkraft OF ausgeübt, die auf den beiden Richtungen OH und OJ senkrecht steht und sich in ihrer Richtung mit der Erzeugenden des Konus deckt. Diese Gegenkräfte treten in allen Punkten der Konusoberfläche auf und setzen sich infolge der Symmetrie des Konus zu einer Resultanten zusammen, die in die Achse des Systems fällt. Da die Wicklung von einem Wechselstrom durchflossen wird, ändert die Resultante ihren Sinn bei jedem Wechsel, wobei die elastische Membran des Konus Deformationen erleidet, bei denen die den Konus umgebende dünne Luftschicht je nach dem Richtungssinn des Stromes in der Wicklung zusammengedrückt oder entspannt wird. So entstehen Luftschwingungen, welche die Form der Ströme wiedergeben, die man in die Membranwicklung hineinschickt.

Infolge der geringen Masse des Konus wie infolge seiner Form und seiner Elastizität kann er keine Eigenschwingung haben, wodurch Trägheits- und Resonanzerscheinungen ausgeschlossen sind. Die Amplitude der Schwingungen erreicht indessen einen Wert von 1 und selbst 2mm, was Tonwiedergabe von großer Tragweite und großer Stärke zuläßt.

Die praktische Ausführung des Konus erfordert besondere Mühe, da er bei äußerster Leichtigkeit gegen Wärme und Feuchtigkeit widerstandsfähig sein muß. Die Wicklung muß an der Membran anhaften und darf sich infolge der Schwingungen nicht abrollen. Als Träger der Wicklung benutzt man imprägniertes Seidenpapier und als Leiter einen Aluminiumfaden von 0,05 bis 0,1 mm Stärke, der mit Hilfe einer Präzisionsmaschine in fortlaufenden Spiralen auf den Konus aufgewickelt wird. Der fertige Konus wird bei d auf die glatt bearbeitete Fläche des Polgehäuses aufgeschraubt.

Der Erregerstrom für den Elektromagneten wird einem Gleichstromnetz oder Akkumulatoren entnommen. Die Apparate werden in verschiedenen Größen mit einem Grundkreisdurchmesser des Konus von 30 bis 85 mm gefertigt, von denen sich die erstere für radiotelephonischen Empfang eignet, und die größte für öffentliche Wiedergaben im Umkreis von mehreren 100 m. Im letzteren Fall arbeiten sie mit Verstärkern zusammen, die mit großen Kathodenröhren im Gesamtverbrauch von 15 bis 20 W ausgestattet sind. Die Lautsprecher haben bereits vielfach Verwendung gefunden und sollen sich gut bewähren. Pge.“ [Pge. in: ETZ 2 1925, 57f.]